Es ist Ende Juni 2017 und wir fahren mit unseren Rädern durch wundervolle, leicht bergige Landschaften und sind wieder begeistert von der Schönheit Kasachstans. Wie im ersten Teil unseres Kasachstan Reiseberichtes schon geschrieben, haben wir uns dazu entschlossen die Hauptstraße zu verlassen und etwas weiter abseits durch die Steppe zu fahren. Umgeben von der Wildnis und ohne große Städte in der Nähe, gibt es hier so gut wie keinen Verkehr. Wir realisieren, dass wir uns Kasachstan genauso vorgestellt haben wie es jetzt grade ist.
In die Wildnis von Kasachstan
Im nächsten Dorf kaufen wir wieder ein und füllen unsere Wasservorräte auf. Jetzt kommt die nächsten Tage etwa alle 100km ein kleines Dorf. Entlang einer Bahntrasse können wir auf einem kleinen Schotterweg fahren und so gleichzeitig die Wildnis genießen und uns aber auch sicher sein uns nicht verfahren zu können. Es kommt zwar ab und an ein Zug vorbei, aber auch das ist ganz nett, da die Lockführer uns zuwinken und wahre Hupkonzerte für uns veranstalten!
Bei einem besonders schönen Foto fällt unsere Kamera leider um und das Objektiv geht kaputt. Wir beschließen aber, dass es vielleicht gar nicht so schlecht ist, da wir uns nun noch mehr auf die tollen Landschaften und unser kleines Abenteuer konzentrieren können. Die größten Hindernisse sind jetzt, dass wir unsere Fahrräder durch kleine Flüsse schieben müssen und Mittags Schutz vor der enormen Hitze brauchen.
Im nächsten Dorf werden wir von einem Bauern zum Tee eingeladen. Wir sitzen gemeinsam mit seinem Sohn, seiner Frau und seinem Vater im Wohnzimmer und unterhalten uns über unserte Reise und ihr Leben als Bauern. Plötzlich wendet sich das Gespräch und uns wird eine eine Ziege angeboten (Ja, wirklich), was wir aber dankend, lachend und etwas verwirrt ablehnen. Der Vater hat einen langen weißen Bart und lächelt uns ununterbrochen an, bis er irgendwann sagt, dass wenn wir ein Buch schreiben, er doch gerne darin vorkommen möchte. Naja, okay, hier ist schon mal der Blogartikel, das Buch kommt noch!
Danach geht’s weiter und wir kommen gegen Abend in dem Dorf Mointy an. Hier sind wir das Ereignis des Tages und während die Frauen fleißig mit Olga reden, stellen die alten Männer fest, dass wir vermutlich die ersten Touristen hier sind! Wow, ein echt tolles Gefühl, hier mit unseren Fahrrädern hergefahren zu sein und den Menschen hier jetzt unsere Geschichte erzählen zu können – Alle sind begeistert und vermutlich sehen einige von ihnen das erste Mal in ihrem Leben Ausländer.
Wir füllen für die nächsten zwei Tage gut 40 Liter Wasser ab und stocken unseren Proviant auf. Jetzt liegt die längste Etappe ohne Dörfer vor uns und in etwa 150km werden wir wieder auf die Hauptstraße gelangen. Wir planen dafür knapp zwei Tage ein und hoffen, dass unsere Wasservorräte reichen werden…
Entlang der Bahntrasse fahren wir auf unseren Rädern über den Schotterweg und durch die weiten, unbewohnten Landschaften Kasachstans. Mittags machen wir Pause unter einer Bahnbrücke und langsam verwandelt sich die Steppe zu einer sandigen Wüste. Wir treffen dann doch noch ein paar Menschen, denn es gibt ein paar kleine Bahnhöfe an denen ein paar Arbeiter ihrem Job nachgehen. Was das genau ist, wissen wir aber auch nicht… Jedenfalls sagen sie uns, dass wir unbedingt Wasser abfüllen sollten, da bei den nächsten Bahnstationen nur Salzwasser getrunken wird. Etwas verwundert füllen wir unsere Flaschen auf und kommen gegen Abend bei der nächsten Station an. Dort wiederholt sich das Spiel aber wir stellen fest, dass es hier auch normales Süßwasser gibt…
An den Balchaschsee und in die Wüste
Am nächsten Tag kommen wir an der Hauptstraße an und nach ein paar Kilometern befinden wir uns an dem azurblauen Balchaschsee. Wir nehmen ein ausgiebiges Bad, machen eine lange Mittagspause am Strand und fahren dann entlang des Sees weiter Richtung Süden. Der Balchaschsee ist ziemlich interessant, da er ein einzigartiges Phänomen besitzt: Er ist zur Hälfte ein Süßwasser See und zur anderen Hälfte ein Salzwasser See! Durch die starken Zuflüsse im Westen des Sees, liegt hier ein sehr geringer Salzanteil vor, während sich das Wasser im Osten quasi aufstaut und dort einen sehr hohen Salzanteil aufweist.
Wir sind zurück auf der Hauptstraße und fahren nun in Richtung Almaty, ganz im Süden von Kasachstan. Es geht durch wüstenähnliche Landschaften und plötzlich tauchen riesige Heuschreckenschwärme auf, die unseren Weg kreuzen und uns ins Gesicht und gegen die Räder fliegen. Das Thermometer steigt auf über 45°C und Mittags suchen wir unter einer Autobrücke nach Schatten. Dabei werden wir von den fies beißenden Fliegen überfallen und sehnen uns nach etwas Ruhe.
Gegen Abend kommen wir wieder in ein Dorf und füllen unsere Vorräte auf. Ein paar Kinder kommen zu uns und als wir erzählen, dass wir aus Deutschland kommen und mit dem Fahrrad bis nach Kasachstan gefahren sind, fragt eines der Mädchen mit großen Augen: “Ihr seid aus Deutschland hergefahren?”
“Ja, wir sind richtige Abenteurer!”
Wir schwitzen den ganzen Tag, aber unsere Körper haben sich mittlerweile an die extremen Bedingungen in Kasachstan gewöhnt. Unser Wasser ist so heiß, dass wir leicht einen Tee damit zubereiten könnten und das Thermometer steigt schlussendlich auf über 49°C. Der Asphalt beginnt zu schmelzen und große Spinnen kreuzen unseren Weg. Wir sehnen uns den abkühlenden Bergen von Kirgistan entgegen und als wir Mittags auf einmal einen glasklaren Fluss vor uns sehen, nehmen wir ein ausgiebiges, sehr abkühlendes Bad. Dann, gegen Abend, sehen wir vor uns auf einmal die Berge von Kirgistan! Wir sind noch etwa 100km entfernt, aber die 4000m hohen Berge können wir jetzt schon erspähen! Das gibt uns einen riesigen Motivationsschub und am nächsten Tag radeln wir die letzten 60km bis nach Almaty.
Besuch in Almaty und weiter nach Kirgistan
Die Stadt ist wundervoll Grün und wir bekommen Besuch von Olgas Mama! Auch ein paar entfernte Verwandte von Olga wohnen hier und wir veranstalten ein tolles Familientreffen und genießen die Pause nach den anstrengenden Tagen sehr! Olgas Urgroßvater liegt hier begraben und wir statten ihm gemeinsam einen bewegenden Besuch ab.
Ein paar Tage später fahren wir dann weiter, jetzt Richtung Westen, entlang der kirgisischen Grenze, bis zum nächsten Grenzübergang.
Die Berge rufen uns zu und wir freuen uns schon sehr darauf, bald in etwas kühleren Höhen unterwegs zu sein. Nach einer letzten Nacht in Kasachstan und zwei kleinen Pässen auf ungefähr 1500m, fahren wir langsam bergab Richtung Grenzübergang und verabschieden uns von den vermeintlichen Steppen Kasachstans.
Wir waren wirklich beeindruckt von den unterschiedlichen Landschaften, die wir in Kasachstan sehen konnten und die freundlichen Menschen hier werden uns für immer in Erinnerung bleiben. Definitiv ein wundervolles Land für eine Fahrradreise!
Oh man. Ich bin schon bei 25°C im Schatten überfordert und wäre kurz vor Innsbruck in der prallen Sonne gefühlt fast geschmolzen. Eine tolle Leistung und ein schöner Bericht eurer Erlebnisse. Ich bin gespannt, wie es in Kirgisistan weitergeht 🙂
Hallo, danke für euren Reisebericht, der mir eine gute Vorlage für meine bevorstehende Tour ist. Wie viele Tage wart ihr von Petropawl bis Almaty unterwegs? Liebe Grüße von Doris
Hallo! Etwa 25 Tage… Insgesamt waren wir 30 Tage in Kasachstan!